FAQ
Manche Dinge werden immer wieder gefragt. Hier werden sie beantwortet.
Rechtliche Fragen
Wer ist denn nun verantwortlich?
Nach aktueller Rechtsprechung können Veranstalter und Betreiber der Versammlungsstätte gesamtschuldnerisch verurteilt werden. Diese können unter bestimmten Voraussetzungen ihre Verkehrssicherungspflicht auf Dritte übertragem.
Was kann mir als Techniker denn passieren
Juristisch erst mal wenig. In der Verkehrssicherungspflicht sind Veranstalter und Betreiber der Versammlungsstätte. Solange diese oder deren Beauftragte keine Verkehrssicherungspflicht übertragen und auch keine Weisung zur Pegelreduktion geben, ist der Techniker nicht in der (zivilrechtlichen) Verantwortung gegenüber dem Besucher der Veranstaltung.
Unabhängig davon schädigen zu hohe Pegel selbstverständlich auch das eigene Gehör.
Und wenn wir Gehörschutz austeilen?
Nach DIN 15905-5 muss ohnehin Gehörschutz zur Verfügung gestellt werden, sofern der Beurteilungspegel 95 dB überschreitet. Erst dann dürfen die 99 dB gefahren werden.
Das entbindet nicht von der Pflicht zur Messung.
Technische Fragen
Warum gehört das Messmikrofon nicht an den FOH?
Zur Beantwortung dieser Frage muss zunächst das Messverfahren kurz erläutert werden: Der maßgebliche Immissionsort ist der lauteste Punkt im Publikumsbereich. Dort lässt sich in der Praxis kein Messmikrofon anbringen. Deswegen wird eine Ersatzortmessung gemacht.
Das Messmikrofon wird also an einem anderen Punkt plaziert. Vor der Veranstaltung wird durch Vergleichsmessung bestimmt, wie groß die Pegeldifferenz zwischen maßgeblichen Immissionsort und Mikrofonort ist, und während der Messung wird diese Differenz als Korrekturwert k1 (Differenz LAeq) und k2 (Differenz LCpeak) berücksichtigt.
Diese Korrekturwerte können positiv (am Mikrofonort ist es leiser als am maßgeblichem Immissionsort) als auch negativ sein (dann ist es dort lauter). Während der Veranstaltung gehen jedoch auch Fremdgeräusche in die Messung ein, vor allem die Monitoranlage und Publikumsgeräusche. Bei positiven Korrekturwerten werden diese ohnehin lauten Geräusche durch die Korrekturwerte noch verstärkt, so dass sie überproportional in die Messung eingehen. Bei negativen Korrekturwerten werden sie dagegen abgeschwächt.
Nach DIN 15905-5 brauchen diese Fremdgeräusche nicht berücksichtigt zu werden, es darf also so gemessen werden, dass sie möglichst wenig die Messung verfälschen. Dazu müssen die Korrekturwerte negativ sein, also muss es am Mikrofonort lauter als am maßgeblichem Immissionsort sein, also muss das Messmikrofon nahe ran an die Beschallungsanlage. Dies ist am FOH nicht der Fall.
ACHTUNG: Voraussetzung für die Verwendung negativer Korrekturwerte ist eine entsprechend pegelfeste Messanlage. Für einen Korrekturwert von z.B. -7dB muss die Pegelfestigkeit bei der Messung von LCpeak mindestens 135 + 1 + 7 = 143 dB betragen, das entspricht einem RMS-Pegel von 140 dB.
Wie sollen denn 99 dB eingehalten werden, wenn das Publikum schon lauter ist?
Stellen Sie Ihr Messmikrofon nicht am FOH auf. Siehe auch vorherige Frage.
(Okay, manche Boy-Group ist noch mal ein Sonderfall...)
Sollen Limiter verwendet werden?
Jein.
Die Einhaltung des Spitzenpegels LCpeak sollte auf jeden Fall mit einem Limiter gewährleistet werden. Solche Spitzenpegel über 135 dB können zu einer sofortigen Schädigung des Gehörs führen, zudem reicht ein minimal kurzzeitiges Auftreten - so schnell kann der Techniker am Pult nicht reagieren.
Anders sieht es bei 95/99 dB LAeq aus. Dieser Beurteilungspegel wird über eine halbe Stunde gemittelt. Nun hat Musik, gerade eine Live-Musik, eine Dynamik, und handelsübliche Limiter sprechen zu schnell an. Damit reduzieren sie stark die Dynamik, und insbesondere der Live-Eindruck von Live-Musik geht damit verloren. Daher können diese Limiter allenfalls dafür verwendet werden, exzessive Pegelspitzen zu verhindern.
Bei Musik von Datenträgern, gerade im Bereich der elektronischen Musik, funktionieren Limiter bisweilen erstaunlich unproblematisch.
Geeignet sind jedoch Limiter, die über mehrere Minuten mitteln, zum Beispiel Systeme, die an das Mess-System angekoppelt werden können.
Muss für den L(C)peak von 135 dB ein Limiter verwendet werden?
Kurzfassung: Ja.
Zur Auslegung der Norm: Im Abschnitt 6.2 findet sich der folgende Satz: Die elektroakustische Beschallungsanlage ist so zu begrenzen, dass am maßgeblichen Immissionsort ein C-bewerteter Spitzenschalldruckpegel von 135 dB nicht überschritten werden kann. Es steht nicht ausdrücklich dort, dass ein Limiter zu verwenden ist. Es muss aber sichergestellt werden, dass das Schutzziel erreicht wird.
Technisch gesehen: Der Einsatz eines Limiters (oder einer entsprechend leistungsschwachen Anlage) ist dringend zu empfehlen. Einerseits ist die Messung des L(C)peak mit einer erheblichen Unsicherheits behaftet, andererseits ist die Sicherstellung der Einhaltung des Schutzziels beim L(C)peak mittels Messung nahezu unmöglich: Im Gegensatz zum L(A)eq zeichnet sich eine Überschreitung nicht vorher ab, es gibt quasi keine Möglichkeit, mit Rücknahme des Pegels gegenzusteuern.
Muss vor und nach jeder Messung kalibriert werden?
Kurzfassung: bei mobilen Messanlagen ja.
Siehe Abschnitt 5.2: Bei mobilen Messsystemen ist ein Funktionstest vor und nach jeder Veranstaltung durchzuführen.
Bei stationären Messanlagen kann unter den Bedingungen des Abschnitts 5.2 seltener kalibriert werden.
Es gibt in DIN 15905-5 keinen Hinweis, welche Kalibrierabweichung noch zulässig ist. In einer anderen Norm (DIN EN ISO 9612 - Akustik – Bestimmung der Lärmexposition am Arbeitsplatz – Verfahren der Genauigkeitsklasse 2) gibt es im Abschnitt 12.2 (Vor-Ort-Kalibrierung) den Hinweis, dass die Messung zu wiederholen ist, wenn die Kalibrierabweichung 0,5 dB überschreitet. Die Wiederholung der Messung ist jedoch bei Veranstaltungen im Regelfall nicht praktikabel.
Ergänzender Hinweis: In DIN EN ISO 9612 - Akustik – Bestimmung der Lärmexposition am Arbeitsplatz – Verfahren der Genauigkeitsklasse 2 gibt es im Abschnitt 5.3 (Regelmäßige Überprüfung) die Anforderung, dass die Übereinstimmung des Kalibrators mit IEC 60942 und der gesamten Messgerätekette mit IEC 61672-1, IEC 61252 oder anderen relevanten Normen in bestimmten Zeitabständen durch ein qualifiziertes Laboratorium zu überprüfen ist, das die Rückführung von Kalibrierungen auf geeignete Normale sicherstellt. Diese Anforderung gibt es für DIN 15905-5 nicht.